Ausbeutung
Im Bergbau hat der Begriff „Ausbeute“ positiven Charakter. „Ausbeute“ sind die im Bergbau gewonnenen Erträge eines Bodenschatzes, doch sind diese einmal ausgebeutet, können sie nicht ein zweites Mal gewonnen werden.
Über die Ausbeutung von Bodenschätzen hinaus wurde schon früh festgestellt, dass Bergbau noch andere natürliche Ressourcen und auch Menschen „verbraucht“. Die Gesundheitsgefahren im traditionellen Bergbau waren enorm, entsprechend niedrig die Lebenserwartung der Bergleute.
Auch Nutztiere wie Pferde wurden rücksichtslos eingesetzt. Die Folgen von Bergbau und Erzverarbeitung für die Umwelt sind noch nach Jahrhunderten erkennbar.
Technische Innovationen machten die Arbeit im Laufe der Jahrhunderte sicherer und Bergleute kämpften solidarisch für bessere Bedingungen. Auch ökologische Belange werden heute stärker berücksichtigt. In Entwicklungsländern jedoch ist der Bergbau oft bis heute eine gefährliche Arbeit.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden Grubenpferde unter Tage eingesetzt. Einmal in die Grube gebracht, blieben sie dort in der Regel bis zu ihrem Lebensende, ohne Tageslicht und mit oft karger Ernährung.
Die erste umfangreiche arbeitsmedizinische Schrift über die Berufskrankheiten der Bergleute verfasste kein geringerer als der berühmte Arzt Paracelsus. Er beschrieb darin eine als „Bergsucht“ bezeichnete tödliche Lungenkrankheit. Diese trat verstärkt bei Schneeberger Bergleuten auf. Um den Ursprung der Krankheit zu verstehen, musste jedoch erst die Radioaktivität entdeckt werden. Heute weiß man, dass eingeatmeter radioaktiver Staub die Hauptursache dieser Form des Lungenkrebses ist.
Doch selbst besseres Wissen schützte die Menschen nicht immer, weil Sicherheitsmaßnahmen durch Leichtsinn, Ressourcenmangel oder schlichte Gier verhindert wurden.
Als Symbol der Ausbeutung von Tieren gelten heute oft die Kanarienvögel, die mit unter Tage genommen wurden. Bei Sauerstoffmangel fielen die Tiere buchstäblich von der Stange und die Bergleute konnten sich retten. Tatsächlich ist der Einsatz von Kanarienvögeln im traditionellen deutschen Bergbau nicht belegt.
Weil britische Kohlekumpel ihre Kanarienvögel lieben lernten, entwickelte eine Londoner Firma einen Käfig mit einer kleinen Sauerstoffflasche. Durch Öffnung des Ventils sollten bewusstlose Kanarienvögel wiederbelebt werden.
Tödliche Unfälle im deutschen Bergbau sind sehr selten geworden. Doch das war nicht immer so. Neben den offensichtlichen Gefahren für Leib und Leben der Bergleute gab es versteckte und langfristig wirkende Belastungen.
So lag die Strahlenbelastung bei der Wismut AG kurz nach dem Krieg beim 37,5fachen des international empfohlenen Grenzwertes. Mehr als 45.000 Bergleute der Wismut trugen dadurch oft tödliche Folgeschäden davon. Da hilft auch kein Helm.
Zwangsarbeit
Wie in allen Industriezweigen setzten die Nationalsozialisten auch im Bergbau Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ein. Diese mussten unter menschenverachtenden Bedingungen arbeiten und leben.
Ein Zwangsarbeiterlager befand sich von 1943 bis 1945 bei Altenberg im Osterzgebirge. Hier mussten vor allem sowjetische Kriegsgefangene in einem Bergwerk arbeiten. Heute sind kaum noch Spuren dieses Unrechts erhalten. Eine einzelne Lebensgeschichte eines Überlebenden konnte rekonstruiert werden.
Bei Ausgrabungen im Lager wurden Alltagsgegenstände aus dem Leben der Gefangenen wie auch der Wachen gefunden.
Diese Zitate stammen aus Erinnerungen des ehemaligen Zwangsarbeiters Petro Grigorovitch Gorbarenko. Nachdem der Ukrainer im Jahr 2000 von einem Entschädigungsfonds der Bundesrepublik für Zwangsarbeiter erfahren hatte, kontaktierte er den Ortsvorsteher seiner ehemaligen Zwangsarbeitsstätte. Seine Erinnerungen sind einem Briefwechsel mit dem Besucherbergwerk in Zinnwald entnommen.
„Nach einiger Zeit begann man mit der Werbung von Jugendlichen für eine Arbeit in Deutschland. Da man dafür aber keine Freiwilligen fand, forderte man vom Dorfältesten, zwangsweise eine bestimmte Anzahl bereitzustellen. Anfangs rekrutierte er dafür Kinder aus Großfamilien. Das war eine schwere Zeit für die Jugend. […] Später wurde das Auswahlverfahren geändert – Mobilisierung in Abhängigkeit vom Geburtsjahr […]. So ging es der Reihe nach bis zum Jahrgang 1926 (im Jahr 1943), als ich mit anderen Gleichaltrigen an der Reihe war. Natürlich war das eine unangenehme Nacht, besonders für Mutter, die mit drei Kindern zurückblieb. Einheimische Polizisten begleiteten uns vom Dorf bis zum örtlichen Sammelplatz.
Das Lager hatte weder eine Umzäunung, noch war es bewacht. Nachdem einer unserer Kameraden geflohen war und man ihn als Beweis dafür, dass eine Flucht unmöglich sei, zurückgebracht hatte, versuchte es niemand mehr.
Im Bergwerk bestand unsere Arbeit im Transport des Erzes mit Loren von der Stelle, wo es von anderen Arbeitern abgebaut wurde […] zum Ausgang des Schachtes, von wo es auf schrägen Schienen mit Hilfe einer elektrischen Winde auf die oberste Etage der Fabrik gezogen wurde.
Es galt auch, verschiedene Arbeiten für den Chef zu erledigen. Ein nicht sehr guter und nicht sehr alter Deutscher brauchte 6 Leute von uns, um einen Holzschuppen […] zu transportieren. Alles musste ohne Demontage und Beschädigung geschehen. Ja und dafür kamen dann an unsere Adresse solche Sprüche wie Schweine, Hunde und ähnliches. […] Man bekam von ihm nicht nur viele Beleidigungen zu hören, sondern auch hand- und Fußtritte an alle möglichen Körperstellen.
Gruben- unglücke
Bei allen Gefahren, die den Bergbau begleiten, haben die Grubenunglücke besonders tragische Auswirkungen. Einstürzende Grubengebäude, Explosionen von Gas oder Kohlestaub oder Grubenbrände können viele Bergleute auf einmal töten oder verletzen. Auch wenn die modernen deutschen Bergwerke als besonders sicher gelten und mit höchsten Sicherheitsstandards arbeiten, fordern die Grubenunglücke weltweit jährlich viele Kumpelleben.
Die letzte Schicht
Die Bergleute waren sich ihrer Vergänglichkeit bewusst. Viele von ihnen starben bei der gefährlichen Arbeit oder durch die Folgen. Den Lebenden war deshalb eine würdevolle Totenfeier zu Ehren des Verstorbenen wichtig. Die Knappschaft zahlte in der Regel den Leichenschmaus, den Trauergottesdienst und die Bestattung ihres verstorbenen Mitglieds, damit dieses standesgemäß zur „letzten Schicht“ einfahren konnte. Begleitet wurde der Tote dabei von allen dienstfreien Mitgliedern. Dabei wurde die Knappenfahne mit schwarzer Trauerflor vorangetragen.
Diese Schilder wurden bei der Beerdigung auf das schwarze Tuch gelegt, das den Sarg des Verstorbenen bedeckte. Damit betonte die Knappschaft die Berufszugehörigkeit des Toten. Für die einzelnen Tätigkeiten im Bergbau gab es jeweils ein passendes Schild. Hier sind die Sargschilder der Hüttenleute und Bergmänner zu sehen.
Solidarität
Die Arbeit im Bergbau ist anstrengend und gefährlich, weshalb sie immer von mehreren Personen ausgeführt wird. Durch die gemeinsame Arbeit entstand schon früh ein Gefühl der Gemeinschaft, sowohl unter Tage als auch über Tage. Die Bergleute schlossen sich daraufhin zu ersten Knappschaften und Gebetsbrüderschaften zusammen.
Ein Schwerpunkt dieser Gruppen war der Schutz ihrer Mitglieder und deren Interessen. Die frühen Knappschaftsangehörigen taten einen Teil ihres Lohnes in eine Büchse. Das gesammelte Geld wurde u.a. für Hilfsdarlehen an bedürftige Mitglieder und für Begräbnisse eingesetzt. Daneben vertraten die Knappschaften ihre Mitglieder gegenüber den Unternehmern und den Bergämtern, um bessere Arbeitsbedingungen und einen gerechten Lohn durchzusetzen. So kam es bereits um 1500 zu Arbeitskämpfen im Erzgebirge.
Am Ende vertraten die Knappschaften alle im Bergbau tätigen Personen, darunter auch die hohen Bergbeamten. Sie wandelten sich zu einem Herrschaftsinstrument. Deshalb gründeten sich während der Industrialisierung auch im Bergbau Gewerkschaften im heutigen Sinne als Ersatz für die Knappschaften.
Die Gewerkschaften kämpften für die Interessen der Bergleute gegen die Unternehmer und den Staat. Die erste deutsche Bergarbeitergewerkschaft entstand in Lugau am 17. Januar 1869 als Reaktion auf zwei Grubenunglücke in der Region.